Odenwald Bike Marathon 2021 – Sicht eines Newcomers
Hallo an alle Freunde des Ausdauersports. Ein möchtegern-Triathlet versucht sich in einem Mountainbike rennen – kann das gut gehen / ist das eine gute Idee? Finden wir es heraus.
Wieso nimmt man als Triathlet eigentlich an einem Mountainbikerennen teil?
Es gibt viele gute Gründe: Spass an der Bewegung, Abwechslung, Grundlagenausdauer.
In meinem Fall geht es um das Projekt „Schleiden 2.0“ (nicht zu verwechseln mit dem Projekt „HeiPhi 2021ff“). Wer von euch schon länger unsere ALV Homepage aktiv verfolgt, erinnert sich ggf. noch an meinem Bericht aus 2020 zu dem XTERRA Duathlon in Schleiden. Damals versuchte ich mich zusammen mit Thomas B. zum ersten Mal an einem Cross-Duathlon. Das Ergebnis: Schleiden gewinnt gegen Neuling Dirk klar mit 1:0 wegen Dirk’s Unfähigkeit auf dem MTB (+ fehlender Kondition). Und auch Thomas B. war nicht wirklich zufrieden mit seiner Leistung. Gemeinsame Conclusio: „unfinished business“. Deswegen war schon letztes Jahr klar, dass wir dieses Jahr wieder antreten würden, im Rahmen der Deutschen Cross-Duathlon Meisterschaft. Und damit es eine echte Revanche wird, habe ich natürlich diesmal die längere Distanz gewählt, mit dem Ziel auf diese Art das 2:1 für mich zu erzielen.
In Vorbereitung zu so einem Event macht es Sinn seine Fähigkeiten zu verbessern zum Beispiel in Form von Bergsprints, Trailruns aber eben auch auf dem MTB, egal ob bergauf oder auch bergab.
Thomas B. hat sich dem MTB Rhein-Main-Cup gestellt und das auch direkt in der Elitegruppe. So verrückt bin ich nicht. Aber der Odenwald Bikemarathon schien mir eine gute Gelegenheit Erfahrungen zu sammeln im MTB Race Modus. Angenehmer Nebeneffekt: Der Start ist nur 5 km von meinen Eltern entfernt – eine perfekte Kombi aus Familie und Sport.
Ganz allein traute ich es mir aber doch nicht zu 60 km und 1700 Höhenmeter zu bewältigen. Also ab auf die Suche nach möglichen Mitstreitern. Am Ende gab es davon sogar eine ganze Menge: Hauke, ein langjähriger Kollege aus der Arbeit, Downhillprofi und MTB Reisebuddy. Doro, Corona-Trainingsbuddy, erfahrene Ausdauersportlerin bekannt für ihren Dieselmotor und auf der dauerhaften Mission mich zu schlagen (& vice versa). Alex O. die klare Nummer 1 in der ALV Hackordnung an diesem Tag und mit einer Überhöhung auf seinem MTB, dass mancher Rennradprofi neidisch werden könnte. Und last but not least: Jan, Mann von Doro, Radsammler und einziger aus der Gruppe der so verrückt war sich für 2 Rennen an einem Tag anzumelden.
Mein Anspruch: Ankommen, nicht stürzen, nicht Letzter werden. Und natürlich möglichst lange vor Doro bleiben (dass das im Ziel nicht realistisch ist, war mir von Haus aus klar).
Die Renntaktik: In der ersten Stunde nicht gleich in meiner typischen Art „all out“ gehen und mich so selber aus dem Rennen nehmen.
Soweit so gut. Der Start und die 10 km Einführungsrunde liefen nach Plan. Guter Kompromiss aus „an der Doro dranbleiben“, „nicht sauer fahren“ und dabei trotzdem mit Hauke ein nettes Schwätzchen halten und ihm dann in den Downhill-Sektionen Hauek hinterherfahren – was mir Sicherheit und Selbsvertrauen gab. Alex war nur ganz zu Beginn zu sehen und dann wie erwartet verschwunden. Auf Runde 2 nutze ich eine kurze Schwächeperiode von Doro und zog vorbei. Ein paar Watt mehr treten und möglichst aus ihrem Sichtfeld raus kommen war die Taktik. Ja ich gebe zu das war vermutlich nicht so schlau. Aber ein wenig Racemodus musste sein, auch auf das Risiko, dass mich das später einholen könnte.
Die Downhill-Passagen liefen auch in dieser Runde wieder gut, vor allem deswegen, weil ich kurz vor dem Bergende ein paar sehr langsame Downhillfahrer beim „Boxenstopp“ überholen konnte und Doro sich hinter ihnen einreihen musste.
Nach 35 km war dann die offzielle 1. Runde (aus meiner Sicht Runde 2) vorbei. Und weil ich wusste, die nächste und letzte Runde wird schmerzhaft gönnte ich mir einen längeren Boxenstopp an der Verpflegungstation. Womit ich natürlich nicht gerechnet hatte ist Doros Kampfwille. Die ließ nämlich einfach mit einem breiten Grinsen auf ihrem Gesicht die Verpflegungstation aus und holte damit über eine Minute auf mich auf. Das konnte ich mir so nicht gefallen lassen. Also diesmal in den roten Bereich gehen und Lücke schließen. Das klappte dann auch noch vor den größeren Anstiegen. Aber dort wo ich in Runde 2 Doro „vernascht“ hatte, war es diesmal genau anders herum. Doro‘s Dieselmaschine war warmgelaufen, während bei meinem viel zu kleiner Bleiakku gelbe Warnlampen angingen. Also schweren Herzens Doro ziehen lassen und eigenes Tempo fahren. Hauke war auch schon in Sichtweite und holte mich fröhlich gelaunt mit entsprechenden Kommentaren ein. Die gute Laune half mir in meinem Leiden und so fuhren wir gemeinsam den ewigen Anstieg hoch. Leider kam es wie es kommen musste. An einer techschnisch anspruchsvollen Bergauf-Passage machte ich einen Fehler und da war er – der Sturz den es zu vermieden gallt. Nichts passiert, aber die hintere Bremse musste neu justiert werden. Das übernahm dann auch Hauke für mich und gemeinsam ging es weiter – 4-5 Plätze weiter hinten. Allerdings dauerte es nicht lange und ich schickte ihn allein weiter, denn meine Akkukontrolle fing an „dunkelgelb“ zu leuchten. Ab jetzt ging es nur noch darum, ohne große Verluste ins Ziel zu kommen. Da wir mittlerweile am obersten Punkt des Rennens angekommen waren müsste es doch eigentlich alles ganz easy sein – 10 km bis ins Ziel, ein Klacks sozusagen.
Übermut kommt vor dem Fall und genau so war es leider auch. In einer der schwereren Trailpassagen rutschte mir wegen falscher Linienwahl das Vorderrag weg und schon war der 2. Sturz da. Dieser tat diesmal auch weh, aber lief trotzdem glimpflich ab – auch für mein heiliges Rad (der Fahrer heilt ja von alleine, aber dem Fahrrad darf nichst passieren). Ein netter Mitwettbewerber hielt sofort an und half mir aufzustehen. Da aber offensichtlich alles gut war schickte ich ihn weiter. Nicht dass er noch weitere Plätze einbüsste wegen mir. Leider stellte sich am finalen Anstieg heraus, dass er wohl zu wenig Elektrolyte zu sich genommen hatte und Krämpfe in beiden Beinen hatte (auch für ihn war es übrigens der erste MTB Marathon). Der finale Anstieg war dann auch ein quasi nicht enden wollender Alptraum. In der Ferne kämpften sich 2 Teilnehmer mit etwa der gleichen Geschwindigkeit wie ich den Berg hoch und so konnte ich gut erkennen, was mich erwartet. Akkukontrolle natürlich tiefrot und der kleine Teufel auf meiner Schulter flüsterte mir ständig ins Ohr „mach Pause, schieb dein Rad“. Nichts da. Aufgeben ist keine Option! Am Ende den Berg endlich überwunden und mit schmerzenden Armen und deutlich langsamer als zuvor runter vom Berg und ab ins Ziel. Gesamtzeit: 3 h 50 Minuten, 7 Minuten hinter Doro, 2 Minuten hinter Hauke – 1h 29 hinter dem Sieger (und 28 Minuten hinter Alex). Bin ich happy? Auf jeden Fall. Keine Krämpfe, deutlich bessere Downhillperformance als in Schleiden und nach 35 km noch vor Doro. Und was den letzten Anstieg anbelangt: Dort sind alle tausend Tode gestorben. Jan hat übrigens auch beide Rennen beendet, auch wenn er beim Gravelrace schon in der ersten Runde ziemlich leidend aussah. Laut Doro ist das aber ganz normal.
What comes next? Schleiden natürlich Ende Oktober. Und bis dahin ist das Motto „Bergintervalle“ egal ob beim Laufen oder beim Radfahren. Mache ich in der Zukunft nochmal ein MTB Rennen? Auf jeden Fall. Macht echt Spass, auch wenn ich leistungsmäßig dort nichts zu suchen habe (Platz 122 von 133 Finishern). Aber das ist ja das schöne am Ausdauersport: Jeder darf mitmachen.
In dem Sinne bis bald, hoffentlich mit dem Bericht „Projekt Schleiden 2.0 – die Revanche“ und nicht mit dem Titel „3:0 – Schleiden bleibt im direkten Duell ungeschlagen“.