ALV Mainz e.V.
 

BAYMAN - Eine coole Schnapsidee

Die Vorgeschichte: Irgendwie fühlte sich die Saison auch nach und trotz der schönen Langdistanz beim Nordschwarzwald-Triathlon noch unvollständig an. Dazu kamen noch 2 Wochen geblockter Urlaub im Oktober ohne eigentlich ein fixes Urlaubsziel zu haben. Beim Versuch, Saisonabschluß und Urlaub zu kombinieren, stieß ich zunächst nur auf schon ausgebuchte Veranstaltungen (Porec, Cascais, Barcelona, Vieux Boucau,…) - bis ich dann auf den BAYMAN bei Le Mont-Saint-Michel an der Grenze zwischen der Normandie und der Bretagne stieß….

Die doch recht nördliche Lage in Kombination mit „Bretagne“ und dem Datum 11.10 ließen dann doch aber gleich Fragezeichen bezüglich des Wetters und der Temperaturen aufkommen. Nachdem absehbar war, dass es zumindest trocken und nicht direkt stürmisch werden würde, meldete ich mich quasi „last minute“ Anfang Oktober dort noch für die Langdistanz an (im Training hatte ich mir das quasi „offengehalten“, also so ganz ohne Vorbereitung bin ich da trotz der späten Anmeldung nicht hin, auch wenn der Abenteuergedanke größer war als der Leistungsgedanke).
Beim Lesen einiger Rezensionen stieß ich immer wieder auf das Thema „kaltes Wasser“, so dass ich als komplette Frostbeule im Wasser zumindest mal eine Neoprenkappe bestellte und das Sortiment nach der Freigabe von weiterer Schutzausrüstung durch den Veranstalter während der Rennwoche dann noch durch Neoprenfüßlinge und -handschuhe „last minute“ komplettierte.

Am Donnerstag, also 2 Tage vor dem Event, machte ich mich dann auf den Weg Richtung Westen und erreichte abends dann zumindest schon mal die Küste Frankreichs bei Deauville. Tags drauf ging es dann die letzten 3 Stunden weiter zu meinem Campingplatz in
Pontorson, ein paar Kilometer südlich von Le Mont-Saint-Michel.
Eigentlich sollte um 14:00 die Startnummernausgabe beginnen, der Veranstalter teilte dann aber über Facebook eine Verzögerung bis 18:30 mit! Angeblich gab es Probleme bei der Verzollung einer Lieferung aus China…
Ok, erstmal kein Problem. Also erst essen, die Radstrecke nochmal mit dem Auto abfahren und eben dann zur Ausgabe hin. Schock – was für eine Schlange! Sowas habe ich noch bei keiner anderen Veranstaltung gesehen. Ich bekam dann aber trotz quasi nicht vorhandener Französisch-Kenntnisse mit, dass eine eigene Schlange für die Langdistanz aufgemacht wurde. Auch das dauerte noch über eine Stunde. Die Beutel wurden quasi „live“ vor unseren Augen noch gepackt. Einige der Mitteldistanzler standen aber wohl 3 h an. Verrückt. Ich konnte dann aber doch zu normaler Zeit ins Bett steigen und schlief für eine Langdistanznacht auch ganz gut – und auch recht lang, weil der Start erst auf 7.45 terminiert war.
Anfahrt – Parken - Sachen richten – alles problemlos – aber noch seeeehr dunkel. Wir sind hier ja 800 km westlich von Mainz – Sonnenaufgang war erst 8:19. Spontan wurde dann eben erst etwas gestartet…. In Wellenstarts ging es von einem Ponton immer noch im Halbdunkel los, ohne Möglichkeit vorher mal ins Wasser zu greifen.
5 m nach der Startlinie: „Oh, da war der Ponton wohl zu Ende“ – los geht’s 300m – „na, so kalt ist es doch gar nicht.“
1500 m – „mmm. So langsam kriecht die Kälte in den Neo – sch….“
3000 m – „oooo no. Das fühlt sich nicht mehr schön an“.
3800 m – Dafür, dass ich die letzten 1000 m gar nicht mehr richtig atmen konnte, war die Zeit von 1:16 sogar noch ganz gut. Aber das war eigentlich alles irrelevant- im Kopf konnte ich mir einfach nicht vorstellen, wie das so durchgefroren weiter gehen sollte. Es ist mir rätselhaft wie manche das ohne zusätzlichen Neoschutz über die 3800m geschafft haben.

Der Weg ins Wechselzelt ist recht weit, vielleicht war der Gedanke, dass sich die Leute dann erstmal wieder warmlaufen sollen. Ich konnte vor Bibbern aber nicht mal richtig laufen und meinem Kreislauf gings auch nicht so gut. Im Wechselzelt gingen die Routinehandgriffe recht flott, aber dann saß ich auf der Bank und wusste nichts mehr mit mir anzufangen. Der Kreislauf war irgendwie im Keller und ich traute mir so nicht zu ein TT zu steuern. Die anderen kamen und gingen im Wechselzelt und mir war das alles ziemlich Wurst. Irgendwann bin ich dann doch leicht zweifelnd auch raus zum Rad und auch losgefahren. Der erste richtige Hügel bei km 20 hat dann so langsam Wärme geschenkt und so nahm das Radeln dann doch Fahrt auf. Unterwegs konnte ich einige einsammeln, auch wenn die Leistungswerte irgendwie 10% unter „Normal“ bleiben sollten. Aber es galt sowieso nur noch irgendwie durchzukommen. Die Radstrecke besteht aus 2 Runden a ca. 79 km durch die bretonische Küstenlandschaft. Immer wieder ging es in Wellen hoch und runter, so dass wir dann doch 1500 Höhenmeter einsammelten. Höhenmeter machen wenigstens warm. Ich hatte wohl meine Kohlehydrate doch wieder etwas zu „dick“ gemischt, so dass die Verwertung dem Magen nicht so richtig Spaß machte. Das Gefühl eines aufgeblähten

Bauches und Grummeln machte sich breit. Ich versuchte das mit dem Nachgießen von Wasser in die Nahrungsflasche und in mich zu verbessern, aber das gelang mit leider nur so halb. Bei km 165 sah ich dann einen Teilnehmer, der nur noch eine Kurbel hatte und einbeinig tretend sein Glück versuchte…. – das Radziel also irgendwie vor Augen, aber einbeinig waren es dann halt doch noch so 13 km. Keine Ahnung was aus ihm wurde. Solche Abenteuer wurden mir erspart und erreichte T2 dann nach 178 km/1500 Hm und 5:37 min. Der Wechsel aufs Laufen ging problemlos und schnell konnte ich ein schönes Cruising-Tempo so um die 5:20/min/km finden. Highlight des Laufes war, dass wir auf der ersten von 4 Runden innerhalb der alten Gemäuer von Le Mont Saint Michel einige der alten Treppen und Gassen hoch und runter laufen durften (auch den Runden 2 bis 4 wurden uns die Extrameter durch eine etwas frühere Wendemarke erspart). Das Laufen vor der mächtigen Kulisse von
Le Mont Saint Michel und unterstützt von vielen sportverrückten Franzosen machte schon Laune.
Ab km 13 war dann aber auf einmal die Energie aus! Wohl auch eine Folge der hohen Dosierung und dem Blähbauch auf dem Rad. Leider musste ich zahlreiche Gehpausen einlegen. Insbesondere auf dem Deich zwischen Festland und Insel standen die Zuschauer recht zahlreich, das hat doch zum Durchlaufen motiviert. Das Energiethema bekam ich dann nach weiteren ca. 12 km mit Hilfe von Wasser und viel Cola wieder einigermaßen unter Kontrolle, so dass ich zumindest wieder kontinuierlich trotten konnte.

War es auf dem Rad noch bedeckt gewesen, war während des Laufs doch die Sonne rausgekommen und diese sank dann auch gegen Horizont. Läufer, die nach Einbruch der Dunkelheit unterwegs sind MÜSSEN eine Taschen- oder Stirnlampe dabeihaben – Das Fehlen einer Lampe wird mit der Disqualifikation geahndet! Ich hatte meine Lampe (schon ahnend, dass ein langer Tag werden könnte) zwar während des Laufs dabei, zum Einsatz kam diese aber gerade nicht mehr, da ich dann nach 11: 45 als einer der letzten „Day light“- Finisher ins stimmungsvolle Ziel einlief. Die Finisherzone war dann leider eine eher traurige und auch kalte Angelegenheit - durch die mittlerweile verschwundene Sonne sanken die Temperaturen sehr flott so dass sich die eintrudelnden Finisher sich doch lieber zu Ihren Kleiderbeuteln bewegten. So konnte ich dann auch recht zeitnah die Nachricht von Judith lesen, dass es doch noch zu einem 4. Platz in der AK gereicht hat (von 21 Finishern in der AK). Das war dann doch eine positive
Überraschung. Anscheinend gings den anderen auch nicht besser als mir. 

Die Lehren?

- Carbs besser mischen
- Anderen geht’s meist auch nicht besser
Was wird als Erinnerung hängen bleiben?
- Kaltes Schwimmen
- Tolle Location und schönes Event
- Irgendwie war die kurzfristige Teilnahme schon eine Schnapsidee.

Die Nachgeschichte:

Damit der Urlaubsaspekt der ganzen Aktion nicht zu kurz kam, unternahm ich nach dem
Triathlon noch einen tollen und abwechslungsreichen Roadtrip bei bestem
Spätsommerwetter im südlichen Frankreich über La Rochelle, die Dünen bei Arcachon,
Bayonne (hier gings im Meer auch ohne Neo), den Col du Tourmalet (aus Mangel an
Alternativen mit dem TT) und die schönen Städtchen Montaubon und Chalon sur Saone.
Und morgen geht’s wieder nach Meenz

Jochen
Chalon sur Saone, 19.10

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