ALV Mainz e.V.

 

Swim-Run Illmensee 

Sandkastenfreundschaften sind die schönsten Freundschaften, da sie oft ein Leben lang halten und man vieles gemeinsam erlebt. 20 Jahre ist es mittlerweile her, als einer dieser Sandkastenfreunde über Informationen zu einer Veranstaltung gestolpert ist, die in einem Nachbarort unserer Heimatstadt stattfände und zu der man sich doch einfach mal anmelden könnte. Man müsse dort lediglich 1,5km Schwimmen, 40km Radfahren und 10km Laufen. Training? Fehlanzeige. Material? Nicht in adäquater Form vorhanden. Dafür zur Sicherheit die Strecken nochmal am Vortag "geübt". Und irgendwie haben wir dann auch den Viernheim Triathlon 2003 überstanden.

Seit diesem Zeitpunkt sollte ich eigentlich gelernt haben genau hinzusehen, wenn mein Kumpel Vorschläge für den jährlichen gemeinsamen Wettkampf präsentiert. Der Vorschlag für 2023 lautete also "Swimrun Ilmensee" in der Nähe vom Bodensee. Jeder Gedanke an einen entspannten Swim & Run erwies sich beim ersten Klick auf die Homepage der Veranstaltung als falsch, denn die Abwesenheit des "&" macht bei dieser Kombination von Schwimmen und Laufen einen erheblichen Unterschied. Es geht also darum, im steten Wechsel zu Schwimmen und zu Laufen, und zwar ohne Wechselzone. Diese Wettkampfform ist in der Ausdauersportszene nicht ganz unbekannt und hat ihren Ursprung auf den schwedischen Schäreninseln, wo im Jahr 2006 ein paar verrückte die Idee hatten von Insel zu Insel zu schwimmen (schwedisch für "Insel zu Insel" = "Ö till Ö") - und Öttilö war geboren.
Da das alles ganz interessant klang und 3,6 km Schwimmen und 12 km Laufen nicht allzu bedrohlich wirkten schrieb ich meinem Kumpel die kurze Nachricht "Dann melde uns doch an!". Gesagt getan, und Team "Dann melde uns doch an!" war geboren. Da war es Januar und noch viel zu früh, sich über eventuell benötigte Ausrüstung oder sinnvolles Training Gedanken zu machen. Wochen und Monate verstrichen und der Veranstaltungstag rückte näher. Training? (Fast) Fehlanzeige. Material? Nicht in adäquater Form vorhanden. Dazu noch Verletzungssorgen bei meinem Kumpel und schwere Beine von der Radanreise zum Bodensee bei mir. Aber Lebenskilometer und Altersgelassenheit werden es schon richten.

Und dann war es soweit. Am frühen morgen finden wir den Illmensee still ruhend bei schönem Sommerwetter vor. Wir holen die Startunterlagen und erhalten sehr schöne Startnummernleibchen (die wir leider nicht behalten durften). Nach und nach trudeln die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein. Anhand der Startliste wussten wir bereits, dass es ein überschaubares Teilnehmerfeld über die Distanzen Swimrun Sprint (1 Runde á 1,87 Schwimmen und 6,18 Laufen) und Swimrun Classic (2 Runden) sein wird. Zudem bestand die Möglichkeit, die beiden Distanzen einzeln oder im Team zu absolvieren. In der Teamvariante absolviert man die Strecke gemeinsam und der Abstand zwischen den Teammitgliedern darf nicht über 10 Metern liegen. Über unsere Distanz Classic Team waren insgesamt 9 Paare gemeldet.

Vorfreude und Aufregung stiegen gleichermaßen minütlich an. Als dann endlich die Wettkampfbesprechung war beruhigte es etwas, als auf die Frage wer denn zum ersten Mal bei einem Swimrun sei die Hände der Hälfte der versammelten Personen in die Höhe gingen. Auf der anderen Seite waren auch zwei Teams am Start, die für die Öttilö-WM über 10km Schwimmen und 70km Laufen trainieren. Auch was die Ausrüstung anging gab es ein breites Spektrum. Während wir lediglich im Einteiler mit Laufschuhen, Calvs, Schwimmbrille und Kappe auf der Wiese standen, hatten andere teilweise die klassische Swimrun-Ausrüstung, sprich pizzatellergroße Paddles, Pullbuoys mit Schnur, Verbindungsschnur zwischen den Teammitgliedern, Swimrunneos und Auftriebshilfen für Oberschenkel und Waden.
Pünktlich um 09 Uhr viel der Startschuss für alle Teilnehmer. Uns erwarteten 2 Runden mit je

370m run
300m swim
1020m run
870m swim
1020m run
340m swim
3400m run
360m swim
370m run

Also trabten wir gemütlich los und mein Kumpel hatte 370 Meter Zeit zu prüfen ob die Wade hält, und ich darüber nachzudenken, ob es nicht eine gute Idee gewesen wäre, irgendwann vorher mal mit Schuhen schwimmen zu gehen - was mein Kumpel zumindest ein Mal vorher geschafft hatte! Dann kam auch schon der erste Schwimmeinstieg. Die Wassertemperatur war angenehm und die Schuhe sofort voller Sand. In der Wasserlage konnte man feststellen, dass die Schuhe sehr stark oben aufschwimmen und ein bisschen wie ein Anker wirken. Aber an sich fühlte es sich nicht unangenehm an, man wird allerdings schätzungsweise 20 Sekunden pro 100 Meter langsamer. Bereits nach dem ersten Schwimmabschnitt war also klar, was das mit dem Pullbuoy und den Paddles soll, nämlich zu verhindern in der Körpermitte durchzuhängen bzw. das Geschwindigkeitsdefizit ausgleichen. Nach 300 Meter Schwimmen war das Ufer wieder erreicht und der nächste spannende Moment nahte: Laufen mit nassen Schuhen, die voller Sand sind. Erstaunlicherweise war das überhaupt kein Problem, da sowohl Wasser als auch Sand nach wenigen Metern den Weg aus dem Schuh gefunden hatten. Nun waren wir im Wettkampf angekommen, fanden langsam unseren Schwimm- und Laufgroove und konnten sogar ein bisschen die schöne Natur am Ilmensee genießen. Die Laufstrecke ging über losen Untergrund, Stege und teilweise durch einen nahegelegenen Wald. Als wir nach ziemlich genau 1,5 Stunden in die zweite Runde gingen manövrierten wir bereits sehr dicht an den festgelegten Cutoffzeiten, was allerdings niemanden zu beunruhigen schien. Beim ersten Schwimmabschnitt der zweiten Runde wurde uns dann auch klar, dass hinter uns niemand mehr kommt. Auch nicht weiter schlimm. Bei der zweiten Schwimmstrecke der zweiten Runde zog die DLRG mit ihrem Einsatzboot längsseits um uns zu fragen, ob wir nicht in die falsche Richtung schwimmen würden. Aber wir konnten glaubhaft versichern, dass wir tatsächlich so langsam sind und eben erst bei den zweiten 870m Schwimmen. Im weiteren Verlauf war die Problemwade in unserem Team immer mehr ein Thema, außerdem wurde es langsam etwas frisch ohne Neoprenanzug. Das große Tagesziel also: einfach nur ankommen. Als wir dann auf den finalen Laufabschnitt gingen waren wir einfach nur froh, dass es was wird mit dem "ankommen". Und ich glaube auch die anderen Teilnehmer und der Moderator waren froh, als mit uns endlich die letzten Teilnehmer des Swimrun 2023 das Ziel erreichten. Da waren gut 3 Stunden und 6 Minuten verstrichen und die Cutoffzeit seit 6 Minuten vorbei - aber auch das interssierte niemanden. Im Gegenteil, wie üblich wurde allenthalben gejubelt als die Letzten des Tages einliefen.

Und das Drehbuch hielt noch ein Schmankerl für uns bereit. Da es nur 9 Teams über die Classicdistanz gab, jedoch die Klassen männlich, weiblich und mixed geehrt wurden, durften wir - wenn auch etwas beschämt -  als Drittplatzierte "mixed" noch auf das Podium. Und da das die letzte Ehrung des Tages war diente unser Teamname dem Moderator dann auch gleich als Motto für den Swimrun Ilmensee 2024: "Dann melde uns doch an!"
Und genau das möchten wir auch allen empfehlen, die mal was Neues erleben wollen. Meldet euch zu einem Swimrun an, das macht richtig Spaß, ist naturnah und mal so gar nicht Mainstream. Wir sind auf jeden Fall 2024 wieder dabei.

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