Triathlon Festival Rheinhessen

Vielleicht möchte der Triathlongott mir sagen, dass ich zu alt bin für diesen Sport. Vielleicht bin ich aber auch einfach nur ein Chaot. Schließlich sind viele meiner Konkurrenten ja auch nicht jünger als ich.
Jedenfalls sind meine Wettkämpfe in letzter Zeit mit gewissen Widrigkeiten verbunden. Beim Neroman im April war ich noch mit dem Einschwimmen beschäftigt, als meine Startgruppe loslegte, weshalb ich schon etwa 35 Sekunden verloren hatte, bevor ich überhaupt gestartet war.

Gestern habe ich beim Triathlon Festival Rheinhessen in Wörrstadt dann in puncto Chaos noch mal einen draufgesetzt. Ich hatte mir einen Zug rausgesucht, der mich ganz entspannt nach Wörrstadt bringen und mir dort noch etwa eine Stunde Zeit zum Einchecken und Aufwärmen für meine erste olympische Distanz seit 2017 lassen sollte. Leider hatte meine App mir nicht angezeigt, dass dieser Zug in den gesamten Sommerferien nicht fährt. So stand ich also um kurz vor 8 Uhr am Mainzer Hauptbahnhof vor der Anzeige „Zug fällt heute aus“ und begann, nervös zu werden. Mein Auto stand in Wiesbaden. Alle anderen waren schon auf dem Weg nach Wörrstadt oder hatten keinen Platz mehr in ihren Autos. Nach Wörrstadt zu radeln, erschien mir auch riskant. Ich entschied mich also dafür, den nächsten Zug eine halbe Stunde später zu nehmen. Leider war das ein Bummelzug, der dann auch noch Verspätung hatte und schließlich um 9:15 Uhr in Wörrstadt einlief. Meine Startzeit war 9.30 Uhr. Innerlich hatte ich meinen Start schon abgeschrieben. Um 9:21 Uhr kam ich bei der Anmeldung am Schwimmbad in Wörrstadt an. Und dann ging alles ganz schnell. Doro hatte die Veranstalter schon vor mir gewarnt, und die halfen mir zusammen mit Saskia, die erst später im Sprint startete, beim Einchecken, Nummern aufkleben etc. Irgendwie schaffte ich es, um 9:29:45 Uhr am Beckenrand zu stehen und 15 Sekunden später mit allen anderen los zu schwimmen.

Ich war froh, überhaupt im Wasser zu sein, weshalb es meiner Laune keinen Abbruch tat, dass Michael und Alex mich in dem 25 m – Becken ständig überrundeten. Da Doro und Jochen mir in der Wechselzone begegneten, konnte meine Schwimmleistung so ganz schlecht nicht gewesen sein. Genau wusste ich es nicht, weil ich in dem Chaos am Start keine Zeit mehr gefunden hatte, meine Uhr zu stellen. A propos Chaos: Ich hatte es nicht mehr geschafft, meine Radschuhe rauszustellen und musste die erst aus meinem Rucksack rauskramen. In dem Rucksack befand sich auch meine Verpflegung, an die ich in der Hektik nicht mehr dachte. Stattdessen sprang ich schon in der Wechselzone auf mein Rad, was dazu führte, dass mich ein sehr freundlicher Kampfrichter erst einmal stoppte und in ein kurzes Gespräch verwickelte. Nachdem wir unseren Plausch beendet hatten und ich die restliche Strecke bis zum Ende der Wechselzone zu Fuß zurückgelegt hatte, ging es dann endlich auf die hügelige Radstrecke. Dort kamen mir Michael, Jochen und Alex (in dieser Reihenfolge) nicht allzu weit vor dem Wendepunkt entgegen. Zumindest auf Michael und Alex schien ich also keine weitere Zeit verloren zu haben. Nach der Wende musste ich dann allerdings doch etwas kämpfen und schaffte es nicht mehr, die Hügel in der Aero-Position wegzutreten.

Saskia hatte mir vor dem Schwimmstart noch zugerufen, wo in der zweiten Wechselzone sie meine Laufschuhe abgestellt hatte. Dort standen sie auch, leider aber gut verdeckt vom Rad eines Konkurrenten, weshalb es eine Weile dauerte, bis ich sie gefunden hatte. Also, rein  in die Laufschuhe und los. Auf der ebenfalls hügeligen Laufstrecke, auf der man zweimal bis zu einem Wendepunkt laufen musste, kam mir immer noch Michael als Erster entgegen. Jochen saß ihm aber, wenn auch mit schmerverzerrtem Gesicht, schon im Nacken. Alex war mittlerweile deutlich hinter die beiden Anderen zurückgefallen, was für mich später noch wichtig werden sollte. Da ich keine Verpflegung mit auf die Rad- bzw. die Laufstrecke genommen hatte, entschied ich mich an der Verpflegungsstelle am Wendepunkt für Cola und hoffte, dass die mir die dringend benötigte Energie geben würde. Leider ist das Trinken aus einem Becher beim Laufen gar nicht so einfach. Die Cola landete hauptsächlich in meinem Gesicht und auf meinen Händen, klebte gut, half ansonsten aber wenig. Trotzdem überholte ich Alex kurz vor dem Ende der ersten Runde, nur um kurz darauf an der nächsten Verpflegungsstelle am Eingang zum Schwimmbad die Orientierung zu verlieren. Zum Glück kam Alex von hinten angelaufen, nahm mich an die Hand und geleitete mich durch das Labyrinth im Schwimmbad auf meine zweite Laufrunde. Auf der begegneten mir dann auch alle anderen ALVer, wobei ich ganz froh war, dass ich den Vorsprung auf Doro gehalten hatte und dass Saskia, die mir kurz nach dem Wendepunkt mit einem Affenzahn entgegenkam, nicht auf der Olympischen Distanz, sondern im Sprint unterwegs war. Jochen lief mittlerweile deutlich vor Michael. Ich hatte auf beide kaum Boden gut gemacht, und Alex fiel zurück. Die Plätze waren also vergeben. Dennoch wollte ich nach dem fiesen Anstieg in Rommersheim auf den letzten beiden Kilometern zum Ziel noch einmal Gas geben. Das Vorhaben gab ich jedoch nach etwa 20 Metern wieder auf, weil mein Körper mir deutlich signalisierte, dass der Tank leer war. Quasi auf der letzten Rille schleppte ich mich ins Ziel, wo Jochen und Michael mich schon erwarteten. Trotz des ganzen Chaos' war ich sogar zwei Minuten schneller als vor neun Jahren, als ich hier schon einmal gestartet war. 

Ich glaube, ich komme wieder. Ein bisschen weniger Aufregung als gestern darf es aber sein.

Rainer Schmidt

Hier die Ergebnisliste:

http://triathlon-festival-rheinhessen.com/erbenisse-tfr-2022/