ALV Mainz e.V.

 

You are an Ironman


3 Uhr früh, der längste Tag des Jahres beginnt - Race-Day!!!

2 Jahre habe ich auf diesen Traum hingearbeitet - da ist er also...

8 Scheiben Toast mit Marmelade, Trinkflaschen vorbereiten, Sonnencreme auftragen und dann geht´s auch schon los. Die weltbeste Frau und Supporterin fährt und wir kommen pünktlich um 05:15 Uhr am See an. Wechselzone, Gel und Trinkflaschen ans Rad, übliche Checks und dann langsam in den Neo zwängen und ab in Richtung Start. Inzwischen noch einige bekannte Gesichter an Mitstartern sowie Freunden und meinen Coach gesehen und umarmt. An dieser Stelle auch großen Dank an Christian, der mit seiner Frau und einigen anderen Supportern meinen längsten Tag auch zu ihrem längsten Tag gemacht haben. Das war es dann auch erst einmal mit Sehen, meine Brille musste der Schwimmbrille weichen. Anheizen – Vicking Clap, Stimmung ist super! 

Startaufstellung, krass – die Starter werden im Sekundentakt losgeschickt – da bin ich auch schon dran. Garmin Start und ab ins Wasser. Die ersten 500 Meter schwimmen sich noch ganz gut, dann musste ich mich immer wieder wie eine Baby-Robbe auf der Suche nach der Familie orientieren. Die Bojen habe ich eigentlich gar nicht gesehen (scheiß Kurzsichtigkeit) – also wieder ins Getümmel. Im Gegensatz zur Mitteldistanz ging es da auch richtig zur Sache. Nahkampf mit Ellenbogen, unter Wasser drücken, am Bein ziehen… Wenn es dann wieder ruhig wurde, war ich desorientiert also wieder rein in den Schwarm - Australien Exit – und weiter geht die Rangelei.
Nach 1:22 Std waren dann 4 Kilometer geschafft, 200 Meter mehr hatte jeder auf der Uhr, die Strecke war definitiv zu lang. Die Frau am Schwimmausstieg geküsst und hoch zum Beutel. Brille auf, endlich wieder richtig Sehen. Raus aus dem Neo, Füße gründlich abtrocknen und säubern, Socken anziehen. Moment, die sind ja noch auf links gedreht. Gute Vorbereitung , ausbaufähig, wie der Rest beim Fertigmachen fürs Rad.

Rad geschnappt und los geht´s mit meiner Lieblingsdisziplin.10:22 Minuten für den Wechsel, eigentlich wäre da Zeit für Kaffee und Kuchen drin gewesen. Ab in die Stadt, es geht richtig vorwärts. Immer die Watt-Zahlen im Auge fahre ich genau nach Plan. Die Stimmung an der Strecke ist toll, wenn möglich ein Paar Kinderhände abklatschen. „THE HELL“ – ich fluche wie jedes Mal zuvor im Training in den Helm, schön auf dem großen Blatt bleiben und mit anständig Zug über das Drecks-Kopfsteinpflaster. Puuuhhh, alles noch am Rad. Der Wind ist spürbar, aber hält sich noch in Grenzen. Schnell durch die „Jan-Frodeno-Gedächtnis-Kurve“ und ab jetzt erst einmal Fliegen lassen. Zack, Dehnungsfuge einer Brücke und die Aero-Flasche mit meinem gesamten Gel-Vorrat fliegt weg. Also anhalten, Rad abstellen, zurücklaufen, Flasche einsammeln und weiter geht´s. Der Verkehr nimmt zu, kurzer Hinweis von dem Kampfrichter auf die 12 Meter – also erst einmal Tempo raus und mit Abstand im Pulk fahren. Die nächsten schnellen Passagen kommen und ich kann wieder mein Tempo fahren. Nächste Steigung, ich erkenne Flo vom TCEC und ein bisschen Unterhaltung über das bisherige Rennen ist auch ganz schön. Weiter geht´s, genug gequatscht. Richtung Stadt haben Freunde ein Banner für mich auf der Brücke aufgehängt, ich schreie vor Freude und gestikuliere wild vor mich hin. Weiter in die Stadt, die Zuschauer an den Seiten werden immer mehr. Als es auf die zweite Runde geht, sind es Massen an Zuschauern. Wahnsinn, Wahnsinn – schreie ich mehrfach! „Tour de France Feeling“ –
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Schnitt 32,6 km/h nach Runde 1. Das Ganze jetzt noch einmal. Fluchend auf dem großen Blatt durch die Hölle, Stimmung aufsaugen, mit Abklatschen was zurückgeben, Spaß haben und Fliegen lassen. Die Watt-Werte stimmen exakt, der Wind nimmt merklich zu. Vollstes Vertrauen zu meinem Speedmax. Tempo wo es geht, auch wenn es mich zum Teil ziemlich durch den Wind versetzt, dadurch gibt es auch einige Stürze im Fahrerfeld. Allein mit dem Rad gegen den Wind, doch halt was ist das für ein Geräusch? Ich drehe mich um und zwei ziemlich unsportliche Italiener hängen über einige Kilometer an mir – Lutscher! Da ist dann kein Kampfrichter in der Nähe Der Gegenwind nimmt wieder zu, eine Steigung und wieder ein bekanntes Gesicht - Sarah - und ich freue mich über eine weitere Unterhaltung. Weiter geht´s durch den Gegenwind ziemlich ausgebremst zurück in die Stadt. Stimmung immer noch geil. Da ist die Wechselzone, doch ganz schön nach 182 Kilometern vom Rad zu steigen. 5:50 Stunden und ein Schnitt von 31,35 km/h, ich bin zufrieden. In der Wechselzone Kampfrichter Falk vom TCEC, schnell noch ein Foto, aber klar doch! Wieder alle Zeit beim Wechseln, 7 Minuten (das muss besser werden). Jetzt nur noch einen Marathon, Laufen ist seit Corona meine ungeliebte - um nicht zu sagen „Hass-Disziplin“. Ich bekomme da keine Beständigkeit mehr rein, gibt gute und schlechte Tage. Hilft nichts, ich hoffe, auf einen guten Tag!

Die ersten Meter fühlen sich zumindest ganz OK an. Dann der Kracher, ein ganzes Stimmungsnest aus Freunden. Hervorheben möchte ich Christian, die Maschine! Danke fürs Anschreien, ich schreie zurück und meine Frau, ein kurzer Kuss muss sein.
Weiter geht es, die ersten 3 Kilometer noch unter einer 6er Pace. Absolut toll, was da an Energie an der Laufstrecke von den Zuschauern ausgeht. Ich klatsche gefühlt jede Hand, jedes Power-Up Schild, ach gefühlt ALLES ab und habe ein Dauergrinsen im Gesicht. Brücke hoch ist fies, die Beine werden schwerer, der Kopf will weiter. Die erste Profi-Frau überholt mich, kurzer mentaler Tiefpunkt als mir bewusst wird, dass ich das alles noch vor mir habe und sie bereits auf der letzten Runde ist. Egal, ich laufe einfach was geht. Keine Geh-Pause vorm Halbmarathon, sage ich mir. Das Tempo wird etwas langsamer, aber auch nicht schlimm. Ordentlich nach Plan verpflegen! Oh, wie schön, ein ALV-Trikot am Rand, ich freue mich und gebe Jochen ein High-Five. Wieder schreit mich jemand an, mein Coach Torben mit Freundin Cindy. Ist ja gut, ich laufe ja Endlich - der bunte Haargummi für die erste Runde. Noch mehr bekannte Gesichter mit Schildern, Anne und ihr Mann, extra angereist, Hammer, dann wieder ein ALVler - danke Tobi. Wieder durch das Stimmungsnest, anschreien von Christian, zurückschreien, Kuss an die Frau. Das Grinsen bleibt, das Tempo nicht, aber noch ist alles gut. Einfach weitermachen! Die Brücken sind fies, die Füße wollen nicht mehr so richtig vom Boden. Jochen, schreiender Coach, alle Supporter, abklatschen, Tobi, Verpflegung nicht vergessen, läuft. Stimmungsnest, Schreierei, Kuss, oh – Du hast jetzt die Hälfte, die nächste Brücke erlaube ich mir hochzugehen. Laufen wäre auch nicht mehr schneller. Oben wieder Laufen, beim Verpflegen gehen, aber nur bis zum Ende der Station. Klappt gut und kontrolliert. Coach Torben schreit mich wieder an, ich soll noch eine Runde anständig laufen, dann komme ich unter 12 Stunden. Ich will, aber die Beine nicht! Um mich herum viele, die noch mehr leiden. Und gleichzeitig diese Wahnsinns-Stimmung. Ich sauge alles auf. Wieder die bekannten Gesichter, Freude, Schreierei, Kuss. Die Brücken hoch gehen, wieder Laufen. Beim Verpflegen gehen, wieder Laufen. Jede Dusche mitnehmen…

Nicht schnell, aber kontrolliert. Mir wird langsam bewusst, dass ich es gleich geschafft habe. Das Meer an Zuschauern wird dichter als ich Richtung Ziel abbiege. Hände, die abgeklatscht werden wollen - wohin man schaut, Jubel, ich glaube das ALLES gar nicht!
Zielkanal, wo ist die „First-Timer-Glocke“? Viel mehr, was ist mit dem Ding passiert? Kurze Überforderung, ich will das Ding doch läuten. Jemand hat sie vorher wohl abgerissen? Also irgendwie drauf Klöppeln.
Dann die magischen Worte: „CHRIS, YOU ARE AN IRONMAN!!!!!!!!!“
Die letzten Meter schwebe ich überwältigt von den Emotionen ins Ziel. Die Uhr bleibt bei 12:13:30 Stunden stehen. Ich bin mehr als zufrieden, der absolute Wahnsinn, ich habe es tatsächlich geschafft.

Noch ungläubig, dass das ALLES gerade passiert, gehe ich mit meiner Medaille um den Hals in die Athleten-Area. Kurz hinsetzen, keine gute Idee, die Beine schreien…. Nach kurzem Auftanken raus und die Support-Crew suchen. Hat etwas gedauert, aber dann – mein Glück endlich mit den Liebsten teilen
Die Freude ist unbeschreiblich, meine Frau, Christian mit Konfetti, mein Coach und und und….
Ich kann es eigentlich gar nicht in Worte fassen, es fühlt sich unbeschreiblich gut an. Der Wahnsinn, was mir an diesem Tag jeder Einzelne an der Strecke gegeben hat. Ich habe versucht, so viel wie möglich zurückzugeben und möchte mich ganz herzlich bei ALLEN bedanken und sorry, falls ich jemanden vergessen habe.
Langdistanz, Du hast mich richtig hart angefixt!!!
Am nächsten Morgen um 10 Uhr habe ich dann tatsächlich einen Startplatz für die Challenge Roth 2024 ergattert und die Pläne für den IRONMAN Hamburg 2025 stehen auch schon.
Jetzt ist das Rennen genau 1 Monat her, ich schwebe immer noch auf meiner eisernen Wolke und jedes Mal, wenn ich davon erzähle oder jetzt beim Schreiben bekomme ich noch Gänsehaut.
Unbeschreiblich geil!!!!

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